Sich Fertigkeiten anzueignen erfordert Anstrengung und Konzentration und wird typischerweise nicht mit Freude erlebt. Die Bewältigung einer schwierigen Aufgabe kann aber zugleich eine positive Konnotation haben, etwa dann, wenn sie mit dem Erleben von Inspiration verbunden ist. Das Erleben von Freude begleitet vielmehr das Erledigen von mühelosen Aufgaben (Straume & Vittersø, 2012).
Das betrifft Studierende beim Anfertigen von akademischen Abschlussarbeiten, wenn sie noch relativ wenig Erfahrung mit dem wissenschaftlichen Arbeiten haben. Werden Frustration und Demotivation erlebt, z. B. bei einer Literaturrecherche, beim Formulieren der Fragestellung, bei der Anwendung von qualitativen Forschungsmethoden oder beim Verschriftlichen der Ergebnisse von statistischen Analysen, bedeutet das nicht notwendigerweise, dass man alles falsch macht.
Mit anderen Worten gehört das Erkennen, dass man Fehler gemacht hat oder einen Irrweg beschritten hat zur Aneignung entsprechender Fertigkeiten dazu. Sich das bewusst zu machen ist insbesondere dann hilfreich, wenn man erkennt, dass der Weg zur Fertigstellung der eigenen Bachelorarbeit, Masterarbeit oder Dissertation um einiges länger und steiler ist, als man zu Beginn der Arbeit dachte. Paradoxerweise deutet eine solche Erkenntnis darauf hin, dass man ein Stück weiter gekommen ist, dass man ein wenig besser verstanden hat, worum es geht und was (nicht) zu tun ist, um die eigene Abschlussarbeit fertigzustellen.
Aber das wissenschaftliche Arbeiten muss natürlich nicht neu erfunden werden, ist insgesamt nicht ein Versuch-und-Irrtum-Prozess, wenngleich das auf Teilaufgaben oder spezifische Fragestellungen durchaus zutreffen kann. Methodenliteratur und Beispiele für gut gemachte, inhaltlich oder methodologisch vergleichbare wissenschaftliche Arbeiten griffbereit zu haben, ist empfehlenswert und überdies notwendig, um sich Handlungswissen anzueignen, sich dadurch beim wissenschaftlichen Arbeiten zu orientieren und Inspiration zu schöpfen.
Weiterführende Gedanken sowie Literatur über das Erleben von Sinn in der Arbeit: Kuntner (2017).
Literatur:
Kuntner, W. (2017). Sinnvolle Arbeit – ein tätigkeitspsychologischer Essay. Wirtschaftspsychologie, (2), 61–66. [Link zum Verlag.]
Straume, L. V. & Vittersø, J. (2012). Happiness, inspiration and the fully functioning person: Separating hedonic and eudaimonic well-being in the workplace. The Journal of Positive Psychology, 7(5), 387–398. https://doi.org/10.1080/17439760.2012.711348