Achtsamkeit – Belastungen bewusster erfahren

Achtsamkeit (engl. mindfulness) im Sinne vom Kabat-Zinn (1982) beschreibt das aufmerksame Wahrnehmen dessen, was einem begegnet. Achtsamkeit wird oft als Stichwort genannt, auch wenn man damit die Achtsamkeitsmeditation meint. Diese Meditationstechnik ist wissenschaftlich etabliert, ihre positiven Effekte auf Gesundheit und Wohlbefinden sind wissenschaftlich untermauert.

Die sogenannten achtsamkeitsbasierten Interventionen (engl.: Mindfulness-Based Interventions) basieren auf einem wissenschaftlich gut erforschten Konzept, das eine bewusst nicht-wertende Haltung gegenüber inneren und äußeren Erfahrungen trainiert. Achtsamkeitsübungen sind aber keine Übungen zur Gleichgültigkeit. Psychologisch zentral ist die Aufmerksamkeitsregulation. Durch regelmäßige Achtsamkeitsübungen verbessert sich nachweislich die Regulation der Emotionen und Affekte, es verringern sich reflexartige, automatische Reaktionen auf Stressoren, inklusive soziale Stressoren. Zum Beispiel lässt sich zeigen, dass das Grübeln über sozial belastende Ereignisse abnimmt, dass das Praktizieren von Achtsamkeitsübungen hilfreich ist, um sich innerlich von belastenden Erfahrungen zu distanzieren (Cassin & Rector, 2011). Es stellt insofern eine Ressource dar, alltägliche Belastungen bewusster und effektiv zu handhaben, indem sie nicht als Ereignisse erlebt werden, denen man hilflos ausgesetzt ist. Mit anderen Worten: Die Wirksamkeit von achtsamkeitsbasierten Interventionen ist in der Forschung breit dokumentiert und zeigt Effekte auf Stresssymptome, Affektregulation, somatische Beschwerden und allgemeines Wohlbefinden.

Wissenschaftliche Etablierung

Achtsamkeit ist heute eine der am besten erforschten und am weitesten verbreiteten Meditationstechniken. Sie wird weltweit in klinischen, schulischen und betrieblichen Kontexten eingesetzt und ist in vielen medizinischen Leitlinien und Ausbildungsprogrammen verankert (Galante et al., 2023). Programme wie Mindfulness-Based Stress Reduction (MBSR) und Mindfulness-Based Cognitive Therapy (MBCT) sind standardisierte, evidenzbasierte Ansätze, die in zahlreichen Studien untersucht wurden (Black & Slavich, 2016).

Nachgewiesene Wirkungen

Meta-Analysen und systematische Übersichten zeigen, dass Achtsamkeit positive Effekte auf psychische Gesundheit (z. B. Depression, Angst, Stress), Schlafqualität, chronische Schmerzen und kognitive Funktionen sowie die Emotionsregulation hat. (Hilton et al., 2016; Goldberg et al., 2018; Gill et al., 2020;). Regelmäßige Achtsamkeitsübungen unterstützen das nicht zuletzt durch eine Erhöhung der Hirnplastizität: Das heißt, dass das Entwickeln, Erlernen von neuen lebensdienlichen Sicht- und Handlungsweisen durch tiefgreifende Prozesse unterstützt wird (Hölzel et al., 2011). Am Rande vermerkt hat auch eine regelmäßige sportliche Aktivität, bei der man „viel atmet“, also Ausdauersport, vergleichbare unterstützende Auswirkungen auf persönliche Veränderungsprozesse (Firth et al., 2018).

Grenzen und Forschungsbedarf

Trotz der breiten Evidenz gibt es methodische Herausforderungen, z. B. bei der Definition von Achtsamkeit, der Vergleichbarkeit von Studien und der Erfassung möglicher Nebenwirkungen. Die Effekte sind nicht immer besser als andere etablierte Interventionen, zum Beispiel die progressive Muskelentspannung. Weitere Forschung zu Langzeitwirkungen und Nebenwirkungen ist notwendig (Baer et al., 2019).

Fazit

Achtsamkeit ist als Meditationstechnik wissenschaftlich etabliert, gut untersucht und zeigt vielfältige positive Effekte, insbesondere auf psychische Gesundheit und Stressreduktion. Die Forschung entwickelt sich weiter, um Mechanismen, Grenzen und optimale Anwendungen noch besser zu verstehen.

Literatur

Baer, R., Crane, C., Miller, E., & Kuyken, W. (2019). Doing no harm in mindfulness-based programs: Conceptual issues and empirical findings. Clinical Psychology Review, 71, 101–114. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2019.01.001

Black, D., & Slavich, G. (2016). Mindfulness meditation and the immune system: a systematic review of randomized controlled trials. Annals of the New York Academy of Sciences, 1373. https://doi.org/10.1111/nyas.12998

Cassin, S. E., & Rector, N. A. (2011). Mindfulness and the Attenuation of Post-Event Processing in Social Phobia: An Experimental Investigation. Cognitive Behaviour Therapy, 40(4), 267–278. https://doi.org/10.1080/16506073.2011.614275

Firth, J., Stubbs, B., Vancampfort, D., Schuch, F., Lagopoulos, J., Rosenbaum, S., & Ward, P. B. (2018). Effect of aerobic exercise on hippocampal volume in humans: A systematic review and meta-analysis. NeuroImage, 166, 230–238. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2017.11.007

Galante, J., Grabovac, A., Wright, M., Ingram, D., Van Dam, N., Sanguinetti, J., Sparby, T., Van Lutterveld, R., & Sacchet, M. (2023). A Framework for the Empirical Investigation of Mindfulness Meditative Development. Mindfulness, 1–14. https://doi.org/10.1007/s12671-023-02113-8

Gill, L., Renault, R., Campbell, E., Rainville, P., & Khoury, B. (2020). Mindfulness induction and cognition: A systematic review and meta-analysis. Consciousness and Cognition, 84. https://doi.org/10.1016/j.concog.2020.102991

Goldberg, S., Tucker, R., Greene, P., Davidson, R., Wampold, B., Kearney, D., Simpson, T., & Kearney, D. (2018). Mindfulness-based interventions for psychiatric disorders: A systematic review and meta-analysis. Clinical Psychology Review, 59, 52–60. https://doi.org/10.1016/j.cpr.2017.10.011

Hilton, L., Hempel, S., Ewing, B., Apaydin, E., Xenakis, L., Newberry, S., Colaiaco, B., Maher, A., Shanman, R., Sorbero, M., & Maglione, M. (2016). Mindfulness Meditation for Chronic Pain: Systematic Review and Meta-analysis. Annals of Behavioral Medicine, 51, 199–213. https://doi.org/10.1007/s12160-016-9844-2

Hölzel, B., Lazar, S., Gard, T., Schuman-Olivier, Z., Vago, D., & Ott, U. (2011). How Does Mindfulness Meditation Work? Proposing Mechanisms of Action From a Conceptual and Neural Perspective. Perspectives on Psychological Science, 6, 537–559. https://doi.org/10.1177/1745691611419671

Kabat-Zinn, J. (1982). An outpatient program in behavioral medicine for chronic pain patients based on the practice of mindfulness meditation: Theoretical considerations and preliminary results. General Hospital Psychiatry, 4(1), 33–47. https://doi.org/10.1016/0163-8343(82)90026-3

Rusch, H., Rosario, M., Levison, L., Olivera, A., Livingston, W., Wu, T., & Gill, J. (2019). The effect of mindfulness meditation on sleep quality: a systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Annals of the New York Academy of Sciences, 1445. https://doi.org/10.1111/nyas.13996